Spur 0-Einleitung
Über den
Kompromiß
Der
Kompromiß ist eine sehr angenehme Einrichtung. Dies gilt vor
allem
im Bereich der Modelleisenbahn. Hier muß er für
sämtliche Faulheiten,
Schlampereien und Unwissenheiten seitens derer, die dieses Wort
benutzen,
herhalten. Nun wäre die Unwissenheit sicherlich verzeihlich,
wenn da nicht sehr
häufig der Unwille, sich Wissen anzueignen, vorhanden
wäre.
Der
Kompromiß richtig angewandt, ist jedoch rein technischer
Natur. Denn
leider sind wir Anhänger von Miniatureisenbahnen stark den
räumlichen
Gegebenheiten ausgeliefert. Diese eher unangenehme Erscheinung bedeutet
für uns
häufig, daß wir Gleislängen kürzen
und Gleisbogen enger machen müssen. Doch
Vorsicht: allzu häufig wird hier des Guten zuviel gemacht und
das Ganze unter
dem Deckmäntelchen des Kompromisses präsentiert.
Dabei ist es häufig möglich,
solche unschönen Dinge besser zu lösen, in dem man
einfach anfängt,
nachzudenken, wie weit man denn tatsächlich genötigt ist, gehen zu müssen. Denn unsere
verkleinerte
Nachbildung muß sich immer daran messen lassen, ob diese
Situation so im
Original existiert, oder existieren könnte. Alles andere ist
niemals Modell,
sondern immer nur Spielzeug.
Viele
Zeitgenossen vergessen leider immer wieder, daß man mit der
Wahl
einer Baugröße einen Maßstab
wählt, der einzuhalten ist. So kann ich mich
eigentlich immer nur Wundern, daß auch heute noch
H0-Personenwagen angeboten
und auch tatsächlich gekauft werden, die im Maßstab
1:100, 1:93 oder so ähnlich gehalten sind. Man
stelle sich seine Lieblingslok einmal vor, die in der Länge
nur in 1:100
gehalten ist. Sähe ja abartig aus, oder?
Ähnliche
Abscheulichkeiten stellen die meisten der industriell
angebotenen Weichen dar. Im Original würde ich mich nicht
durch solch enge und
Steile Weichen quälen wollen. Auch hier bietet sich
übrigens das weiter oben
erwähnte Gedankenspiel mit der Länge der Lieblingslok
an!
Die diversen Kompromisse bei den Rädern und Fahrwerken ziehen auch immer noch andere Kompromisse nach sich. Dies
jedoch in einem Bereich, der den meisten unserer Hobbykollegen so
ziemlich
Wurst ist, nämlich beim Gleis. Ich mochte mich hier nicht bei
den immer noch
verwendeten unsäglichen Schienenprofilen aus der Antike der
Miniatureisenbahn
aufhalten, sondern mich gleich einem Bereich widmen, der mir sehr am
Herzen
liegt, und zwar den Weichen. Die meisten der industriell gefertigten
Weichen
haben immer noch Herzstücke mit Spurkranzauflauf. So etwas ist
technischer
Unsinn, denn Räder müssen auf ihren
Laufflächen durch die Herzstücke gelangen.
Dies bedeutet jedoch, daß die Radsätze mit einem
genormten Innenmaß (so was
gibt es ja, es halten sich nur nicht alle daran) eingestellt werden
müssen.
Denn dann kann man auch die Spurrille enger machen und das Rad
tatsächlich auf
seiner Lauffläche durch das Herzstück schicken. Aber
leider ist dies nur bei
sehr sehr wenigen Herstellern bekannt, und so wundern sich alle, die
Weichen
mit vermurksten Herzstücken einsetzen, warum ihre Fahrzeuge so
oft in diesem
Bereich entgleisen. Darauf, daß dies an den viel zu breiten
Rillen und daraus
resultierend, den langen Herzstücklücken, liegen
könnte, denkt offenbar
niemand. Auch, daß bei solchen Rillenweiten die Radlenker
ihre Funktion oft gar
nicht mehr erfüllen können, scheint den wenigsten
bekannt zu sein.